Sonnenlicht und Schatten im Nebel

«Licht- und Schattenfarbe» im Licht (und im Schatten)

Sonnenlicht und Schatten im Nebel

«Lichtfarbe / Schattenfarbe» haben mindestens zwei Facetten: Hier geht es um die (Spektral-)Farbe des Lichts und des Schattens. Das ist ein hochkomplexes Themenfeld, das schon Leonardo da Vinci oder Goethe untersucht haben und eigentlich ein Thema der Physik ist. Mehr zu deren Forschungen später.

Andererseits sind unter dem Begriff «Licht- und Schattenfarbe» an verschiedene Lichtbedingungen angepasste Farbnuancen gemeint, die im Tageslicht (oder ähnlichen Lichtquellen) schwingen und leuchten, oder im schattigen Zwielicht ihre Wirkung entfalten, vibrieren und „lange nachhallen“ – diese Facette wird im Seminar L103 Farbkonzepte mit Licht- und Schattenfarben von kt.COLOR intensiv behandelt.

Schatten

ist bekanntlich da, wo kein Licht ist. Aber: Ausser im Weltraum und in Neumond-Nächten fernab der Zivilisation gibt es kaum «kein Licht». Also nochmal von Vorn: Schatten entsteht hinter einem Objekt, sofern die dominante Lichtquelle (die Sonne, der Mond, eine Lampe) heller scheint als das Streulicht. Schatten wird aber erst an Oberflächen sichtbar. Im Bild ist wunderbar zu sehen, wie das Sonnenlicht durch den Nebel dringt. Erst durch die Nebelschwade wird die Schattenkante in der Atmosphäre sichtbar, während am Boden die Licht- und Schattenverteilung völlig klar ist:

Sonnenlicht und Schatten im Nebel

Sonnenlicht und Schatten im Nebel

Auch sehr schön zu sehen ist die bläuliche Schattenfarbe. Dies ist nicht etwa die Körperfarbe des Schnees, sondern die Differenz der Farbspektren zwischen dem direkten Sonnenlicht und dem Streulicht.

Streulicht:

Die Lichtquelle der Natur ist Sonne. Dass im Schatten und zu verschiedenen Tageszeiten Farbverschiebungen feststellbar sind, beruht auf der „Rayleigh-Streuung“: Das einfallende Sonnenlicht wird an Luft-Molekülen und Aerosolen gestreut. Diese sind so klein, dass einerseits eine Verschiebung in den Blaubereich stattfindet, und andererseits wird kurzwelliges, blaues Licht 16 mal stärker gestreut als das längerwellige. Deshalb sind Schatten (im Tageslicht) immer mehr oder weniger blaustichig.

Randnotiz: Die Atmosphäre (die Luftpartikel) streut das Licht in alle Richtungen – deshalb ist der Schatten auf dem Mond absolut schwarz: dort gibt es keine das Licht streuende Atmosphäre:

Streulicht: Aldrin auf dem Mond

Streulicht: Aldrin auf dem Mond (© grin.hq.nasa.gov/)

Sind mehrere, verschiedene Lichtquellen vorhanden, wird das Restlicht im Schlagschatten farbig wahrgenommen – die Differenz der Lichtquellen-Spektralfarben sind im Schatten wiedergegeben und werden als Komplementärfarbe wahrgenommen. Man stelle sich eine Labor-Situation vor: Eine Kugel wird von einer Seite rot, von der anderen Seite weiss beleuchtet. Der Schattenwurf der roten Lichtquelle erstrahlt in der Komplementärfarbe Grün.

Jahrtausendsassa Leonardo da Vinci hat sich bereits mit dem Phänomen Licht und Schatten beschäftigt und eine wunderschöne Skizze angefertigt (inwieweit er sich mit den Farben der Schatten beschäftigt hat, ist daraus leider nicht ersichtlich):

Leonardo da Vincis Skizze über Licht und Schatten

Leonardo da Vincis Skizze über Licht und Schatten

Und Goethe meint dazu:

Es erscheinen uns die Schatten, welche die Sonne bei Tag oder eine Flamme bei Nacht hinter undurchsichtigen Körpern verursacht, gewöhnlich schwarz oder grau, allein sie werden unter gewissen Bedingungen farbig, und zwar nehmen sie verschiedene Farben an. […]

(Von den Farbigen Schatten – Projekt Gutenberg / Spiegel Online)

Die Klassik-Stiftung.de (PDF; www.klassik-stiftung.de/) hat das Werk Goethes umfassend dokumentiert:

Mit grünem Licht konnte ein grüner Schatten erzeugt werden, den eine sekundäre Beleuchtung rosenfarbig, Pfirsichblüte oder mehr in’s Purpur fallend machte, während ein rosa Licht den umgekehrten Effekt hervorbrachte. […] Goethe erklärt die farbigen Schatten als Mischung aus Licht und Finsternis, eine Ansicht, die bereits Otto von Guericke vertrat.

Weitere Informationen zur Farbenlehre Goethes: Wikipedia

Eine kurzweilige Lektüre sei hier empfohlen:

Blau – Die Farbe des Himmels

Blau – Die Farbe des Himmels (ISBN 3-8274-0485-1)

Blau – Die Farbe des Himmels (ISBN 3-8274-0485-1)

Aus dem Klappentext:

[…] ist ein vielschichtiges Buch, das […] eine profan scheinende Alltagsbeobachtung zum Ausgangspunkt einer spannenden Entdeckungsreise macht. Die Farbe des Himmels erweist sich dabei als ein überraschender Schlüssel zum Verständnis vieler unserer kulturellen Errungenschaften in Wissenschaft, Kunst und Forschung

(ISBN 3-8274-0485-1), bei www.buchhaus.ch